Nikotin trainiert ein Verhaltensmuster an

Karlsruher Lungenfacharzt entwickelte ein Programm zur Zigarettenentwöhnung

Rauchen ist wahrlich alles andere als positiv: Es riecht unangenehm, Zigaretten sind teuer, und die gesundheitlichen Folgen - auch für Passivraucher - können dramatisch sein. Dennoch fällt es Rauchern schwer, auf den geliebten Glimmstängel zu verzichten. Sie stützen sich bei ihren Versuchen, das Laster aufzugeben, auf Hilfsmittel wie Akupunktur, Hypnose oder Medikamente.

Der Karlsruher Lungenfacharzt Dr. Konrad Pumpe entwickelte vor Jahren schon ein Seminarprogramm, um Rauchern den Abschied von der Zigarette zu erleichtern. Zusammen mit drei Fachärzten bietet er dieses Seminar unter dem Namen "KREPP" an. Wobei das Kürzel für "Karlsruher Raucherentwöhnungsprogramm K. Pumpe" steht. Laut Dr. Pumpe ist für den süddeutschen Raum das einzigartige an dem Seminar, dass es ausschließlich von Ärzten geleitet wird. "Zudem handelt es sich um einen Gruppenkurs, bei dem wir die Gruppendynamik nutzen können".

Angefangen hat alles vor etwa zehn Jahren. "Meine Kinder waren 11 und 13 Jahre alt und wurden mit den Machenschaften der Tabakindustrie konfrontiert", erzählt er. "Das hat mich geärgert und ich wollte etwas dagegen tun". Er bot zunächst Aktionstage an Schulen an, um Kinder auf die Gefahren des Rauchens aufmerksam zu machen.

Der nächste Schritt war dann zu überlegen, warum es für die Raucher so schwer ist, aufzuhören. "Ich habe sehr viel zu dem Thema gelesen und alle möglichen Raucherentwöhnungsprogramme durchgearbeitet, die es auf dem Markt gab", erzählt der Arzt. "Das Wichtigste aus all diesen Programmen habe ich herausgezogen und ein eigenes Seminarprogramm zusammengestellt." Dieses streckt sich über acht Wochen, wobei jedes dieser acht Treffen unter einem anderen Motto steht.

Wir machen den Teilnehmern klar, dass Nikotin ein höheres Abhängigkeitspotentzial als Heroin hat", erklärt Dr. Pumpe. Nikotin docke an die Rezeptorzellen im Gehirn an und setze Neurotransmitter wie Dopamin und Serotinin frei. "Schon nach wenigen Sekunden fühlt sich der Raucher glücklicher. Er bekommt sozusagen einen Kick." Dieser Kick hält allerdings nur etwa zwei Stunden an. Dann muss die nächste Zigarette für eine Auffrischung des Glücksgefühls sorgen. "So bekommt der Raucher innerhalb kürzester Zeit vom Nikotin ein bestimmtes Verhaltensmuster antrainiert", sagt Dr. Pumpe. Vor allem diese Erkenntnis hat bei Sabine Kraft zum Umdenken geführt. "Für mich war es schockierend zu erfahren, wie mein Gehirn vom Nikotin manipuliert wurde" so die 37-Jährige aus Ettlingen, die am Entwöhnungsprogramm teilnahm. Sie fing mit 16 Jahren an zu Rauchen und konsumierte pro Tag etwa eine Schachtel.

Es gab etliche Gründe, die sie zu der Teilnahme motivierten: "Meine Kinder bekommen mit, dass Rauchen gefährlich ist und sie haben sich Sorgen um mich gemacht", sagt sie. Aber auch sie selber habe sich Gedanken um die gesundheitlichen Folgen gemacht. "Außerdem wurde das Rauchen für mich zum Stress. Ständig musste man überlegen, wie man die nächste Zigarette in die Arbeitsabläufe einplant".

So wie alle anderen Teilnehmer auch, wurde Frau Kraft zunächst über das Gesundheitsrisiko des Rauchens aufgeklärt. "Pro Jahr sterben rund 140 000 Raucher an den Folgen ihrer Sucht" so Dr. Pumpe. "Dazu kommen noch einmal über 300 tote Passivraucher." Dabei ist jedoch nicht der Lungenkrebs die Haupttodesursache, sondern Herz- und Kreislauferkrankungen. "Sehr motivierend für die Teilnehmer ist unsere wöchentliche Kohlenmonoxidmessung der Atemluft", erklärt Dr. Pumpe. "Sie stellen dabei fest, dass schon nach wenigen Tagen ohne Zigarette die Lunge weniger belastet ist." Weitere Themen der Seminarabende sind unter anderem "Vorbereitung des Rauchstopps", "Rückfallvermeidung" oder "Wie vermeide ich die Gewichtszunahme". Dr. Pumpe bietet in jedem Quartal ein Seminar an. Der nächste Kurs beginnt morgen. Weitere Infos unter www.rauchen-abgewoehnen.de.

Aus den Badischen Neuesten Nachrichten vom 19.07.2011